Über die theoretischen Überlegungen vorher und das praktische Umsetzen von Lebensraum-Flächen für Rebhuhn, Fasan und Hase
Zum Thema Niederwildhege, Rückgang der Bodenbrüter und Prädatorendruck ist schon viel geschrieben worden. Unstrittig ist, dass ein geeigneter Lebensraum unabhängig von Wetter und Fressfeinden beim Überleben und Aufziehen des Nachwuchses hilfreich bis notwendig ist. In fast allen Bereichen im Offenland herrscht die Landwirtschaft unter dem Diktat des Marktes. Immer größere Traktoren müssen immer mehr Fläche immer schneller beackern, damit am Ende überhaupt noch etwas an Wirtschaftlichkeit übrig bleibt. Daran kann der einzelne Jäger oder Naturschützer nichts ändern. Am Wetter, an den Spaziergängern und er Tollwut-Immunisierung auch nicht.
Unabhängig von der Diskussion um die Bejagung der Füchse, Krähen oder Greifvögel kann jeder vor Ort etwas tun, um die Landschaft ein bischen bunter und vielfältiger zu gestalten. Mit der Anlage von Biotopflächen kann jeder Jäger in seinem Revier einen Beitrag leisten, um ein wenig gegen zu steuern, gegen immer mehr Leistung aus jedem Quadratmeter Boden.
In der modernen Landwirtschaft bleibt kein Acker länger als ein paar Wochen ohne Bearbeitung. Sofort nach der Ernte wird der Boden gegrubbert, damit die ausgefallenen Körner keimen und die Folgekultur dann nicht damit durchzogen ist. Kaum ist ein grüner Flaum auf dem Acker zu sehen wird dann der Boden erneut bearbeitet und oft gleich wieder mit der folgenden Frucht wie Winterweizen oder Raps, der auch über den Winter steht eingesät.
Im zeitigen Frühjahr kommt gleich Dünger auf die Fläche, es wird gegen konkurrierende Wildkräuter gespritzt, gegen Insekten, die Fraßschäden verursachen können oder gegen Pilzkrankheiten, die die Frucht schädigen können. Im Sommer ist es staubtrocken im Feld und wenn die Mähdrescher rollen ist binnen Wochenfrist alles kahl.
Auf einer Biotopfläche fürs Niederwild sollte es da möglichst antizyklisch zugehen. Vielfältiger Pflanzenbewuchs, blühende Kräuter, reichhaltiges Insektenleben und lange Zeit keine Bearbeitung. Von einem schmalen, langen und grünen Streifen in der Agrarsteppe bis zur mehrere Hektar großen Biotopfläche am Stück gilt es das möglichst passende herauszufiltern. Äsung und Deckung möglichst auch im Februar und März muß eines der Ziele sein.
Zwischen den Getreidefeldern bieten sich Streifen mit Klee an. Entweder Rotklee in Reinsaat oder ein Gemenge mit hauptsächlich Klee und einigen anderen Arten. 2,50 Meter breit ist eine gängige Arbeitsbreite hinter dem Traktor. Um Arbeit zu sparen legt man Streifen nur in Vielfachen dieser Breite an. Zum Beispiel an Wegerändern, wo meist nur Quecken wachsen oder an Rändern von Äckern, so der Landwirt dem Jäger und dem Wild dort ein Stück abtritt.
Die Streifen ziehen sich idealerweise wie Lebensadern durchs Feldrevier. Wenn dann im Juni die Trockenheit anbricht werden diese Kleestreifen gemäht und treiben neu aus. Am Besten liegt der Mähzeitpunkt dann, wenn am Getreidehalm die Verholzung einsetzt, dann ist der frische und eiweißreiche Klee wieder da, wenn sonst nichts mehr grün ist.
Wo breitere Streifen möglich sind werden diese 12,5 bis 20 Meter breit gemacht. Am Anfang und am Ende zum Feldweg hin bleibt aber die Hauptfrucht stehen, damit die Spaziergänger und ihre Hunde nicht so einfach auf diese Flächen kommen können. Was auf den Acker kommt bestimmt auch der Landwirt mit. Raps leidet neben anderem unter der Kohlhernie, einem Pilz. Deshalb kann ein Landwirt, der auch Raps in seiner Fruchtfolge hat keine Kreuzblütler wie Raps, Kohl oder Senf auf seinen Flächen gebrauchen. Er würde die Pflanzenkrankheiten fördern. Und dementsprechend Mischungen ablehnen, die solche Pflanzen enthalten.
Auch sollen keine Ackerkratzdisteln aussamen, da deren Samen sehr weit fliegen und die Pflanzen schlecht wieder aus dem Acker heraus zu bekommen sind. Auch Melde ist ein Unkraut, dass die Landwirte im Gegensatz zu den Feldhasen gar nicht gerne sehen, weil es nicht mit jedem Herbizid zu behandeln geht. Es heißt Kühe können davon Dünnpfiff bekommen. Daher auch der Name Schißmelde.
Wenn herkömmliche Kulturarten auch auf Wildäckern angebaut werden, muß wie auf den anderen Feldern auch immer wieder der Boden bearbeitet werden. Das bringt Unruhe in die Flächen, kostet Geld und Zeit. Eine lohnende Investition sind da die mehrjährigen Mischungen mit Wildkräutern. Einjährige Kulturarten wachsen schnell und verdrängen die aufkommenden und in der Landwirtschaft unerwünschten Beikräuter. Die dicken Stängel bieten halt auch für die später abfrierenden Halme der kleineren Pflanzen. Dort bilden sich dann kleine Horste die dem Niederwild als Unterschlupf dienen können.
Die zweijährigen Arten wachsen im ersten Jahr nur klein und unscheinbar, haben aber genug Kraft gesammelt, um dann im zweiten Jahr als hoch wachsende und Struktur gebende Stängel zu fungieren.
Die Saatstärke ist im Vergleich zum Getreidebau sehr gering. Nicht der große Ertrag steht im Vordergrund, sondern Lebensraum zu schaffen. Bei den Wildkräutern sind große und kleine, früh und spät blühende Pflanzen dabei. In der passenden Mischung bieten diese unterschiedlichen Arten lange ein vielfältiges Nahrungsangebot. Es freut das menschliche Auge und die Nase, diese Abwechslung im Ansonsten eher gleichartigen Feld zu erleben.
Auch ganze Äcker lassen sich in Biotopflächen umwandeln. In vielen Bundesländern gibt es Agrarumweltprogramme die Ausgleichszahlungen für verloren gegangene Gewinne übernehmen. Neben Wildkräutermischungen auf großer Fläche kann ein Acker eventuell auch unterteilt werden und es können halbe Hektar große Parzellen aus unterschiedlichen Mischungen entstehen.
Lebensraum I ist eine Mischung, die sich in fast allen Niederwildprojekten bewährt hat. Erstmal relativ teuer, amortisiert sich das bald, da normalerweise ab der Saat keine weitere Pflege erforderlich ist. Eventuell wird alle zwei Jahre ein Mal gemulcht. Gut fünf Jahre hält die Mischung, dann setzen sich die konkurrenzstärkeren Arten durch und die Vielfalt nimmt ab.
Zusätzlich kann man immer noch Inseln mit Sonnenblumen und Mais anlegen. Futtermalve und Rispenhirse ausbringen. Durch die hohe Kulisse und den interessanten Unterbau wird eine Fläche optisch geteilt. Man wird aber im folgenden Frühjahr dieses Stück erneut bearbeiten müssen.
Im Idealfall ergibt sich aus vielen kleinen und großen Biotopflächen ein Netz über das gesamte Revier. Am sichersten lebt der Fasan, wenn er auf der Flucht schneller in der Deckung ist, als der Habicht beim Fasan.